Ruth Liepman, „Vielleicht ist Glück nicht nur Zufall“, Edition Fünf, Band 9, 2011
Nun gut, ich gebe zu Doris Hermanns und Heike Herrbergs Rezension ist inhaltlich nicht wirklich was hinzuzufügen.
Bis auf, daß ich mich wirklich freue im Spätsommer 2012 in Ferienhaus Sonnseite in Tirol Band 9 aus der Edition Fünf gelesen zu haben, was ich im Herbst 2011 von der Verlegerin und Literaturagentin Silke Weniger in die Hand gedrückt bekommen habe. Einen Tag nachdem sie im Münchner Literaturhaus., den bayrischen Kleinverlegerpreis 2011 entgegengenommen hat.
Die Erinnerungen der Ruth Liepman passen wie die Faust auf das Auge ins Programm der Edition Fünf, einem Verlag, der von einer Agentin gegründet wurde. Die Agentinnen sind keine Freundinnen großer Worte, sie machen einfach und sehr diskret ihr Geschäft. So auch diese Erinnerungen – was für ein Leben hat diese Frau gehabt und wie unprätentiös erzählt sie davon. Das hat einfach Stil. Die Leserin wird immer mehr reingezogen in den Sog des Geschehens und kann deshalb nachempfinden, was für eine Last von der Autorin genommen war, als die Nazi Herrschaft endlich ihr Ende genommen hatte und sie sicher sein konnte nicht mehr verfolgt zu werden: „Es war vielleicht die schönste Zeit meines Lebens, es war eben plötzlich eine Freiheit da, das Gefühl, nicht mehr unter Druck und Gefahr zu sein. Das war unglaublich. das würde ich gerne noch einmal erleben.“
Das Kapitel über die Literarische Agentur nimmt nur einen kleinen Teil des 170 seitigen Büchleins ein, ist aber für jeden Buchbranchen-Interessierten sehr gewinnbringend zu lesen. Und mit dem Vortrag, den Ruth Liepmann 1977 bei der Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt vorgetragen hat und der ebenfalls in dem Band der Edition Fünf abgedruckt ist, kann man gute Einsicht in die Arbeit einer Agentur bekommen.
Zudem haben Ruth Liepmans langjährige Mitarbeiterinnen, Eva Koralnik und Ruth Weibel, von 1981 an Partnerinnen und seit Ruth Liepmans Tod 2001 Inhaberinnen der Agentur ein sehr schönes Nachwort verfasst zur Neuauflage 18 Jahre nach ihrem ursprünglichen Erscheinen. Was für eine wunderbare Beschreibung bringen sie da, vom Arbeiten und Leben der Autorin/ Agentin, wenn sie schreiben: „Ruth Liepman ist 2001 im hohen Alter von 92 Jahren gestorben. Sie war bis zuletzt zu Hause in ihrer vertrauten Umgebung. „Zu Hause“ war für sie die Agentur, das grosse alte haus am Zürichberg mit Blick auf See und berge. „Der schönste Platz der Welt“, pflegte sie zu sagen, wenn sie auf der Terrasse ihren Tee trank. Hier hat sie sich wohl ihren Jugendtraum verwirklicht: eine Art Kommune mit stets offenen Türen, in der wir mit unseren Kindern lebten, umgeben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit Besuchern aus aller Welt – Freunde und Freundinnen, Verwandte, Autoren, Verleger und oft auch „Kinder aus meiner Klasse“, wie Ruth Liepman die alten Damen und Herren nannte, die von Zeit zu Zeit auftauchten. Die letzten Jahre verbrachte Ruth auf ihrem weissen Sofa, ihrem eigentlichen Arbeitsplatz, mitten im Geschehen, immer mit einem Buch in der Hand, und immer stiller, in einer glücklichen, sorglosen Zwischenwelt.“
Ich muss sagen dieses Bild hat mir sehr gut gefallen – und auch wie sich ein Leben zusammenfügt und immer passender wird, war sehr beeindruckend.
Als ich dann beim Blick auf die website der Liepman Agency zu meiner Freude sah, dass diese Agentur Virago Press vertritt, schloss sich auch für mich ein Kreis. 1995 habe ich meine Magisterarbeit über Virago Press geschrieben, der vergessene Literatur von Autorinnen veröffentlicht(e). In dieser Tradition sehe ich auch die Edition Fünf und ich bin gespannt auf die weiteren Entdeckungen, die uns die Edition Fünf noch bescheren wird.
Das neue Programm und damit dritte Jahresprogramm ist auch hier schon einzusehen http://www.editionfuenf.de/assets/optik/pdf/Vorschau_editionfuenf_Herbst12.pdf und wird in der einen oder anderen Buchhandlung auch schon wunderbar präsentiert.
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